Liebe auf den zweiten Blick

 Gedanken zu Altorientalischen Mövchen

 

Wie viele Zuchtfreunde wissen, bin ich seit Jahrzehnten ein passionierter Mövchenzüchter. Als Junge von der Wasserkante aus der Nähe von Hamburg begann es mit Hamburger Sticken. Anfang der 70er Jahre folgten (kurzschnäblige) Orientalische Mövchen.

Zwischenzeitlich bevölkerten aber auch andere Mövchenrassen wie Altdeutsche und Italienische Mövchen einen Teil meiner Schläge, da ich einmal Mövchen ohne Ammenaufzucht ausprobieren wollte. In den 90er Jahren gelangten dann auch „Arabische Mövchen“ mit Mittelschnabel wie Barbarisi-, Habul Rumann- und Burmalimövchen nach Deutschland, die ich alle hielt und auch auf ihre Tauglichkeit für den Flugsport hin testete.

Bei den Altd. Mövchen war es mir auch gelungen mit Hilfe von kurzschnäbligen Satinetten der Farbschlag Blau mit weißen Binden heraus zu züchten. Die bis dahin gezeigten Tiere, mussten alle dem Farbschlag Hellblau mit weißen Binden (Dominant Opal) zugerechnet werden. Weißbindige gab es also überhaupt nicht. Doch ein Ausstellungserfolg wollte sich bei meinen nicht einstellen. Weiterhin zeigten diese Tauben, sicherlich durch die Einkreuzung von Kurzschnäblern, keine optimalen Aufzuchteigenschaften. Ähnliches konnte ich auch bei vielen meiner blauen und fahlen Altd. Mövchen feststellen. Gerade das problemlose füttern ihrer Jungen war aber der ursprüngliche Sinn der Schaffung und Anerkennung dieser Rasse!

 

Altsatinetten (Bild Dammers)
Altsatinetten (Bild Dammers)

Genau zu dem Zeitpunkt, als ich einen gewissen Frustpunkt erreicht hatte, es war im Jahre 1998, las ich in der Geflügelzeitung eine Verkaufsanzeige: Orientalische Mövchen, Satinetten in Blau mit weißen Binden und Blaugeschuppt, mit Mittelschnabel, zu verkaufen.

Ich erwarb von dem Züchter einige Tiere und erfuhr, dass der Stamm auf 3 Tauben eines Übersiedlers aus der ehemaligen UDSSR zurückging. Dieser Herr brachte sie aus seiner Heimat, der russischen Schwarzmeerküste mit. Leider hatte er schon in Ermangelung frischen Blutes teilweise „Kurze“ eingekreuzt. Dennoch war das Aufzuchtergebnis aus diesen Tieren zu meinem Erstaunen sehr gut.

 

Altsatinetten (Bild Dammers)
Altsatinetten (Bild Dammers)

Die Altsatinetten, wie ich sie damals nannte, waren auch meinen türkischen Flugtaubenfreunden bekannt. Es gelang ihnen, mir weitere Tiere aus ihrer Heimat zu beschaffen. Kleinasien soll die Ursprungsregion der Orientalischen Mövchen sein. Man nennt sie dort übrigens Hünkari (Die Tauben des Sultans). Dem „einfachen“ Volk war es ursprünglich nicht erlaubt diese Perlen zu züchten!!

Neugierig sind sie (Bild Dammers)
Neugierig sind sie (Bild Dammers)

Weitere Recherchen ergaben dann, dass diese „Rasse“ von der Türkei über den Balkan bis hin nach Rumänien und Ungarn noch in ursprünglicher Form ohne Einkreuzung von Kurzschnäblern zu finden war und ist. Und alle haben die für mich wichtigste Eigenschaft: Sie füttern ihre Jungen noch sehr gut.

Bei meinen Nachforschungen lernte ich zufällig den österreichischen Taubenfreund und Genetikfreak Andreas Boisits kennen. Auch er befasste sich zeitgleich mit mir mit dem Projekt „Altorientalen“.

Mit Tieren aus der Türkei, dem Kosovo (wo sie eine der meist gezüchteten Taubenrasse sein sollen) aus Rumänien und Ungarn gelang es mir einen aus meiner Sicht ansehnlichen, sehr vitalen Stamm Altorientalen in praktisch allen bei den kurzschnäbligen Satinetten vorkommenden Farbschlägen zu formen. Auch wurden amerikanische Seraphim Mövchen (rezessiv rote/gelbe mittelschnäblige Satinetten, die weiß ausmausern) mit eingebaut. Sie waren damals bereits in Frankreich eine anerkannte Rasse. Deren Vorfahren dürften sicherlich von Aussiedlern aus Kleinasien und dem Balkan mit in die USA gebracht worden sein.

 

Rotfahlgeschuppte mit 2 Töchtern (Bild Dammers)
Rotfahlgeschuppte mit 2 Töchtern (Bild Dammers)

In Nürnberg anlässlich der VDT-Schau 2006 wollte ich eine Voliere dieser „Altorientalen“ außer Konkurrenz zeigen. Von Karlheinz Sollfrank ließ ich mich dann überreden, Tiere zur Sichtung zu melden. Hierdurch könnte man eventuell ein Anerkennungsverfahren einleiten.

Beim Bier m Samstagabend in Nürnberg unterhielt ich mich mit dem Weltenbummler in Sachen Tauben Dick Hamer aus den Niederlanden. Er erklärte mir, dass diese Tauben in den USA sehr beliebt seien und als eigenständige Rasse anerkannt wurden. Dabei fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Natürlich…die Seraphims von Anne Ellis sind ja aus blaugeschuppten Altorientalen gefallen!

Ich forschte im Internet nach und wurde unter der NPA, dem amerikanischen Taubenzuchtverband, fündig. Es existiert in den USA ein „National Classic Old Frill Club“. Er wurde 2001 gegründet und hat heute weit über 100 Mitglieder. Ich habe natürlich sofort Kontakt aufgenommen und mit den Züchtern Bilder ausgetauscht. Sie ähnelten den Tieren in Europa sehr.

Auch gab es logischerweise in den USA einen Standard, was sich als sehr hilfreich erweisen sollte. Für ein Anerkennungsverfahren musste natürlich auch einer für Deutschland (Europa) aufgestellt werden.

 Über das Aussehen ihrer Mövchen hatten die Züchter zwischen Izmir und der polnischen Grenze ziemlich unterschiedliche Ansichten. In gleichem Maße variierte auch das äußere Erscheinungsbild. Einen Standard in unserem Sinne gab es überhaupt nicht. Meistens wurden sie ja als Flugtauben gehalten.

Zur Aufstellung einer Musterbeschreibung musste man einzelne Mosaiksteinchen aus dem vorhandenen Material zusammensetzen. Wir wollten keinesfalls durch Einkreuzungen eine völlig neue Rasse schaffen. Viel mehr sollen die einzelnen Vorzüge der regionalen Ausformungen, die sich in den vergangenen 150 Jahren herausgebildet hatten, auf einem Tier im Idealfall vereint werden. Dieses schwierige Unterfangen zu umschreiben ist nun mal die Aufgabe eines Standards.

 

 

1,0 braunfahl mit weißen Binden aus geschuppt bei R. Dammers
1,0 braunfahl mit weißen Binden aus geschuppt bei R. Dammers

Das angestrebten Aussehen (der Typ) der Altorientalischen Mövchen

Wir wünschen uns eine höchstens mittelgroße Taube (kleinere, „puppigere“ Typen sind auf jeden Fall vorzuziehen), die sich in Paradestellung etwas aufrichtet. Die Hinterpartie sollte nicht zu lang sein, aber auch nicht extrem kurz, was die Flugfähigkeit einschränken würde. Ja, die Altorientalen können überwiegend noch gut fliegen. Hiermit meine ich nicht vom Taubenschlag auf den Giebel des Wohnhauses, sondern schon, dass sie sich in höhere Regionen des Himmels aufschwingen. Ich habe Tiere, die bis fast in „Oberluft“ gehen und insgesamt eine Flugdauer von 30 bis 90 Minuten erreichen. Welch ein herrliches Bild ist es, wenn ein Schwarm Altorientalischer Mövchen beim Landeanflug seine schöne Spiegelzeichnung präsentiert!!

Solche beeindruckenden Nebeneffekte sind allerdings nicht Bestandteile des Standards.

Doch zurück zum äußeren Erscheinungsbild. Den Typ eines Altorientalischen Mövchens rundet natürlich eine breite Brust ab, die im Schaukäfig etwas angezogen getragen wird, was sie etwas flach erscheinen lässt. Die oben angesprochene Aufrichtung kann nur zustande kommen, wenn die Läufe nicht zu kurz aber auch nicht zu lang sind. Deren Bestrümpfung (aus der die Zehenspitzen herausschauen) verleiht den Läufen etwas Säulenartiges.

Hierzu passt auch nur ein relativ kurzer, kräftiger Hals, der nach Mövchenart in Positur leicht nach hinten durchgebogen wird. Das optische Volumen wird durch ein gut entwickeltes Jabot und den Kamm der Spitzkappe noch unterstrichen. Eine sichtbare Kehlwamme muss auch vorhanden sein.

Dass ein Altorientale in den Schultern breit sein muss und sich nach hinten verjüngt, ergibt sich aus dem Wunsch nach Brustbreite. Auf dem Schwanz getragene Flügel mit breiten Schwungfedern und gut abgedeckter Rücken runden das Erscheinungsbild ab. Keines dieser Merkmale sollte übertrieben sein. Das Wichtigste ist die Harmonie in der sie zueinander stehen. Dieses ist auf dem deutschen Standardbild gut dargestellt (Ein „Tick“ kürzer könnte die Hinterpartie allerdings schon sein!).

Viel mehr gibt es zum Thema Gesamteindruck und Figur nicht zu sagen.

 

Tier mit schöner Schuppung (Bild Dammers)
Tier mit schöner Schuppung (Bild Dammers)

Farbe und Zeichnung.

Das Merkmal, weshalb unserer Orientalischen Mövchen am meisten geliebt werden, ist das wunderschöne Farbspiel. Es wird durch das sog. „Oriental Stencil“ hervorgerufen und ist nahezu einmalig unter unseren Taubenrassen. Die tolle Zeichnung wird nicht nur durch einen, sondern durch die Beteiligung mehrerer genetscher Faktoren hervorgerufen. Ich möchte hierauf nicht weiter eingehen, um die Leser nicht zu verwirren. Interessierte können hierüber mehr unter Veröffentlichungen oder im Internet bei Prof. Dr. Axel Sell und Andreas Boisits nachlesen. Durch „Oriental Stencil“ werden Teile der Federn aufgehellt, die diese Partien im Idealfall fast Weiß erscheinen lassen.

Bei Bindigen, zum Beispiel bei Blauen mit weißen Binden, wird das „Schwarz“ der Flügel- und Schwanzbinde fast vollständig von der Aufhellung durch das „Oriental Stencil“, verdrängt. Im Idealfall bleibt dann nur noch ein schmaler Streifen, der als Saum bezeichnet wird, von der ursprünglichen Bindenfarbe übrig. Diese Farbverdrängung ist bei allen anderen bindigen Farbschlägen im Prinzip identisch. Auch die Schwungfedern verändern sich. Sie bekommen eine sog. Spiegelzeichnung.

Bei den Geschuppten (genetisch Gehämmerte mit „Oriental Stencil“) verhält es sich praktisch genauso wie vorher beschrieben. Nur werden die dunklen Partien der Flügeldeckfedern beidseits des Schaftes aufgehellt. Hierdurch entstehen „weiße“ Ovale, die wiederum von einem farbigen Saum eingefasst werden.

 

0,1 rotfahlgeschuppt bei R. Dammers
0,1 rotfahlgeschuppt bei R. Dammers

Wichtig ist, dass an der Federspitze ein deutlich sichtbares farbiges Dreieck vorhanden ist. Beim vermuteten „Urfarbschlag“, den blaugeschuppten Satinetten, verlangen wir die eben beschriebene deutliche Schuppung, also nicht die den Habul Rumann eigene Färbung, die ich als genetisch reinerbig dunkelgehämmert mit Oriental Stencil ansprechen möchte. Hier ist die Schuppung fast nur noch auf einen „Saum“ mit Pfeilspitze reduziert. Bei den „Kurzen Orientalen“ findet man sehr viele Tiere, die nur noch als „gesäumt“ anzusprechen sind. Hier fehlt also bereits jeglicher Ansatz einer Pfeilspitzzeichnung, was wir bei Altorientalen nicht akzeptieren sollten. Dieser Wunsch nach einem deutlichen Farbspiel lässt sich praktisch auf alle Farbschläge der geschuppten Spiegelschwänze übertragen.

Um dieses wunderschöne Farbspiel bei den Geschuppten zu erreichen, ist es erforderlich auf „Bindigkeit“ spalterbige Nachkommen zu erzeugen. Man sollte also am besten immer mit einem bindigen Elternteil arbeiten. Hier tun sich viele Züchter noch schwer, sie möchten am liebsten geschuppt x geschuppt verpaaren, was aber letztendlich in eine Sackgasse führt!

Dieses schöne Farbspiel können wir seit einigen Jahren an diversen Tieren der Blau- und Braunreihe einschließlich der dazugehörigen Verdünnungen bewundern.

 

0,1 Gelbfahlgeschuppt bei R. Dammers
0,1 Gelbfahlgeschuppt bei R. Dammers

Bei den Altorientalen sind aber im Gegensatz zu ihren modernen Vettern auch die dominantroten Farbschläge bei den Satinetten anerkannt. Anfangs konnte man die Tiere mit dem elfenbeinfarbigen Flügelschild, die überwiegend aus dem Kosowo stammten, genetisch nicht zuordnen. Schnell stellte sich aber heraus, dass es sich eindeutig um Rotfahl-weißbindige oder die Geschuppte Variante handelte. Das interessante ist, dass „Oriental Stencil“ nicht nur die Binde aufhellt, sondern die Schildfarbe auch „cremiger“ also lichter wird. Dieses bis dahin bei uns unbekannte Farbspiel finden viele interessant; andere hingegen langweilig, da es wenig Kontrast zeigt. Aber so ist es nun mal; die Geschmäcker sind verschieden. Da rotfahle Tauben von Natur aus keine dunkle, sondern eine helle Schwanzbinde ausbilden, überlagert sich diese mit der Aufhellung, die durch die Orientalengene erzeugt wird. Das ergibt nahezu weiße Schwanzfedern, auf denen sich der Federschaft im Bindenbereich etwas dunkler darstellt. Eine deutliche Schwanzbinde ist nicht zu erkennen. Hierzu ist ein Foto eines auf Blau spalterbigen Täubers sehr interessant, der neben den üblichen kaum sichtbaren „Tintenflecken“ auch nach der zweiten Mauser eine Schwanzfeder ausgebildet hat, die links vom Schaft blau und rechts rotfahl war.

Kommt bei den Fahlen dann der Hämmerungsfaktor dazu, entstehen rotfahlgeschuppte Tiere. Bei ihnen ist im Gegensatz zu den z. B. Blaugeschuppten keine deutliche Pfeilspitzzeichnung zu erkennen. Es sieht eher wie eine etwas verwaschene Säumung aus. Weshalb das so ist, kann ich nicht erklären. Anfänglich habe ich versucht, mehr Farbe auf das Flügelschild zu bekommen, aber es war vergeblich. Erst, als ich aus einem auf Blau spalterbigen rotfahlgeschuppten Täuber und einer rotfahl weißbindigen 0,1 mehrere herrlich gezeichnete blaugeschuppte Weibchen zog (siehe Foto), war mir klar, dass man sich mit der Tatsache abfinden muss, dass der oben beschriebene Veränderungseffekt durch das OS auch hier zum Tragen kommt. 

 

1,0 Rotfahl mit weißen Binden bei R. Dammers
1,0 Rotfahl mit weißen Binden bei R. Dammers

Neben den spiegelschwänzigen Farbschlägen, gibt es natürlich auch gesäumte Tiere. Sie besitzen zusätzlich den Ausbreitungsfaktor für Farbe. Hierdurch wird z. B. aus einer blauen Taube eine schwarze. Das heißt für Orientalische Mövchen, dass aus Blauen mit weißen Binden (oder Blaugeschuppten)  Schwarzgesäumte werden. Unter Beteiligung der Farbe Braun entstehen Braungesäumte und der Farbe Rotfahl erhalten wir Aschfahle, die auch Lavendelgesäumte genannt werden. Zu allen gibt es natürlich auch, wenn auch selten, die dazugehörigen Verdünntfarben. Bei den gesäumten Satinetten wird die Farbe der Flügeldeck- und Schwanzfedern, wie es der Name schon sagt, im Idealfall auf einen farbigen Saum zurückgedrängt. Sie müssen auch nicht unbedingt den Hämmerungsfaktor tragen. Ganz in Gegenteil, die schönste Säumung habe ich unter Verwendung bindiger Tiere gezogen.

Im Standard sind 24 Farbschläge aufgeführt. Es gibt sie inzwischen alle bis auf die sechs in rezessiv Rot und Gelb. Bei ihnen ist bis jetzt immer der oben aufgeführte „Seraphimeffekt“ aufgetreten. Alle sind zwar mit der Standardfarbe geschlüpft und aufgewachsen, aber nach der ersten Mauser rein weiß geworden. Vielleicht gelingt es ja noch jemandem diesen nicht bekannten Faktor auszuschalten.

Altorientalische Mövchen als Blondinetten gibt es in der Türkei in diversen Farbschlägen. Inzwischen sind sie auch in Westeuropa vertreten. Es bemühen sich fanatische junge Züchter um sie. So ist also nur noch eine Frage der Zeit, wann sie zur Anerkennung vorgestellt werden.

 

0,1 braunfahlgeschuppt bei R. Dammers
0,1 braunfahlgeschuppt bei R. Dammers

Der Kopf

Ganz bewusst befasse ich mich am Schluss der Rassebeschreibung mit dem Kopf. Er soll bei den Altorientalen nicht die dominierende Rolle spielen wie bei den kurzschnäbligen, Altdeutschen oder Italienischen Mövchen. Wir haben beim Aufstellen viele Passagen an den amerikanischen Standard angelehnt. Bei dem Passus „Kopfpunkte“ weichen wir aber deutlich ab. Die Amerikaner wünschen eine gleichmäßige Bogenlinie von der Schnabelspitze bis zum Hinterkopf. Diese Linienführung ist  aber weder in den USA-Tiere noch unseren verankert. Es ist eher kein oder ein leichter Schnabelwinkel vorhanden. Die Amerikaner wollen und haben, um das Ziel „Bogenlinie“ zu erreichen, Kurzschnäbler eingekreuzt, was meiner Erfahrung nach völlig falsch ist, da die Aufzuchteigenschaften hierdurch stark leiden. So einigten wir uns in der letzten Fassung des Standardentwurfes auf einen leichten Schnabel-/Stirnwinkel. Vorerst wollen wir es hiermit aber nicht so genau nehmen, wenn der Winkel nahezu fehlt. Wichtig ist, dass der Schnabel nicht stark „senkt“ sondern eher gerade eingebaut ist. Bei einem gut gefüllten Keil (ohne Kniff) zwischen Schnabel und Auge und einer nicht eckigen, sondern eher sanft abgerundeten Oberkopflinie wird sich schon ein kleiner Winkel einstellen. Eine betonte und sehr breite Stirn wird ausdrücklich nicht gefordert. 

 

0,1 Blaufahl mit weißen Binden bei R. Dammers
0,1 Blaufahl mit weißen Binden bei R. Dammers

Sonstige Merkmale

Allen Tieren aus den Ursprungsländern war ein nicht abgedeckter Augenrand zu eigen. Weshalb sollen wir dieses ändern? Nein, es ist sogar ein Rassemerkmal, selbst wenn der Standard dieses nicht so stark hervorhebt.

Auch zur Halskrause möchte ich einige Worte sagen. Wir wünschen uns schon ein gut entwickeltes Jabot; nicht nur auf wenige Zentimeter Länge gedrehte Federn unterhalb der Wamme. Das Jabot wird in meiner Region und Skandinavien auch „Kreuz“ genannt. Weshalb? Es zieht sich wie eine senkrechte Falte von der Wamme bis zum Brustbein aus der die Jabotfedern in verschiedene Richtungen herauswachsen. Im oberen Bereich entsteht aber eine Art Querfalte. Beide „Falten“ zusammen bilden ein Kreuz. Bei den Chinesentauben ist es noch viel deutlicher zu sehen. Dieses „Rassemerkmal“ der Querfalte bei Mövchenrassen zu strafen, halte ich für einen absoluten Unsinn. Auch diese Erscheinung trägt zu einer federreichen Struktur bei.

 

0,1 braunfahlgechuppt bei M.Linde
0,1 braunfahlgechuppt bei M.Linde

Schlussbetrachtung

Insgesamt möchte ich bei den Altorientalischen Satinetten noch „leicht veredelten Rohlingen“ sprechen. In vielen Rasseattributen sind schon erhebliche Zuchtfortschritte erzielt worden. Fortentwicklung bedeutet natürlich auch, dass viele Jungtiere aufgezogen werden müssen, um beim einen oder anderen Jungtier ein Merkmal zu erlangen, dass die Zucht weiterbringen kann. Ob es dann klappt, ist noch eine zweite Frage. Ich habe in den letzen Jahren immer über 150 junge Altorientalen auf die Stange gebracht.  Bei dieser Masse ist natürlich eine gewisse Selektion möglich. Die Farbe, die anfänglich ziemlich stark mit Rost behaftet war, wurde deutlich sauberer. Auch bei Figur, Stand, Spitzkappe und Kopfform gelang es, aus den unterschiedlichsten Linien sich unseren Standardforderungen bei Einzeltieren anzunähern. Es ist also immer erforderlich, Tiere in die Zucht einzustellen, die keinen Ausstellungswert besitzen. Hier ist noch der wirkliche Züchter gefragt, der verbissen das Ziel verfolgt, die schon erwähnten Mosaiksteinchen zusammenzusetzen. Irgendwann kommt der Tag, an dem ein Tier im Nest liegt, an dem (fast) alles passt, da bin ich mir ganz sicher!! Und….. je mehr dieses Ziel verfolgen, desto schneller geht dieses.

Man sieht also, dass sich sehr viel um die Altorientalischen Mövchen tut. Auf der VDT-Schau in Leipzig 2011 wurden ca. 80 Tiere gezeigt. Ich denke 2012 könnte man die magische Marke von 100 Stück knacken.

Mir persönlich sind ca. 60 Zuchten in Deutschland und in den benachbarten westeuropäischen Ländern wie Österreich, Schweiz, Frankreich, Belgien, Holland und Dänemark bekannt. In mehreren Ländern wurden die Altorientalen bereits als Rasse anerkannt. Ein großer Anteil der Züchter ist deutlich unter 50 Jahre alt. Interessenten werden sich in Kürze zu einem SV zusammenschließen. Dieser Club soll die Zucht vorantreiben und mehr Einheitlichkeit in die Bewertung bringen, was sicherlich von Erfolg gekrönt sein wird.

Vielleicht habe ich mit diesen Zeilen bei Ihnen die Lust auf diese tolle Rasse geweckt? Sie bietet ein dankbares Betätigungsfeld!

 

Rainer Dammers